top of page

Fragilität



Das ist bisher mein intimstes Bild, was ich gemalt habe. Wie komme ich zu der absoluten Aussage?

Das Bild zeigt augenscheinlich nicht viel. Weiß und Grau auf einer braunen Leinwand. Was ist daran intim? Ich habe es in einer sehr fragilen Stimmung gemalt. Mit fragil meine ich, dass ich an der Schwelle der Welten bin - an der Schwelle von Leben und Tod.

Es ist jene Schwelle, die immer frisch ist, die vibriert und nicht greifbar ist. Die Schwelle, wo Leben entsteht. Der Moment, wo sich Leben in seiner puren Rohheit in mir offenbart. Fast nicht wahrnehmbar. Und doch möchte dieses unbegreifliche Mysterium in die Welt. Auf eine Leinwand. Daher die radikale Reduktion, weil ich hier nur die ersten Regungen meines Innenlebens abbilde.

Du siehst hier meine Verletzlichkeit. Die Leere in mir. Die blasse Farbe, die bröckelt und das, was dahinter ist, preisgibt. Die Leere ist meine Stärke, die unendliche Ruhe. Es ist die Stimmung, die mein Wesen hier abbildet, nicht das Bild selbst. Nicht das Dargestellte ist intim, sondern das, was mitschwingt in der Darstellung.

Die Schwelle von Leben und Tod. Bevor ich das Bild gemalt habe, bin ich mit dem Auto vom Neptunbad nach Hause gefahren. An der Kreuzung Melatengürtel-Vogelsangerstraße wollte ich links abbiegen, aber ich hatte Gegenverkehr. Ich stand da auf der Kreuzung, sah dann wie eine Frau ein Handzeichen machte. Ich schaute nach rechts, realisierte, dass auf den Bahnschienen stehe und sah die KVB Bahn in 30m Entferung auf mich zufahren.

Ich war in dem Moment völlig tiefenentspannt. Voll im Vertrauen und in Kontakt mit mir bin dann links abgebogen, als der Weg frei war.

Als der Weg frei war - für dieses Bild.



Comments


bottom of page