top of page

Integration von Selbsthass



Als freies Wesen werden wir geboren und Freiheit zur Selbstentfaltung ist unser Grundbedürfnis. Geboren werden wir durch einen anderen Menschen und leben pränatal sowie postnatal in Beziehungen. Unsere Freiheit steht im direkten Zusammenhang mit der Beziehungsqualität unserer Bindungspersonen. Mutter und Vater.


Die ureigene Lebendigkeit in uns drängt danach, sich zu entfalten, sowie alles in der Schöpfung nach Vervollkommnung strebt. Sie ist Lebensenergie und die Natur der Lebensenergie ist Bewegung. Sie möchte fließen, so wie wir möchten, dass unser Leben fließt. Dürfen wir als Kind diese vitale Lebendigkeit nicht ausleben und erfahren keine bedingungslose Liebe, dann kommt es zur natürlichen Abwehrreaktion. Sie äußert sich durch Wut. Wird auch die Wut nicht erlaubt, setzt Trauer ein. Ganz früh mussten wir lernen, unsere lebendige Wesenhaftigkeit zu leugnen. Wir mussten, um die Bindung zu retten und um zu überleben, uns verraten. Dieser Selbstverrat ist nicht ohne Folgen. Wir werden innerlich sauer. Der Glaubenssatz, dass wir falsch und wertlos sind, wächst langsam und unbewusst in uns heran. Es entwickelt ein Eigenleben in uns bis dieses ES zu einem Monster wird. Unwusst hassen wir uns dafür, wer wir sind und das wir da sind. Wir wurden beschämt dafür, was wir sind, als wir nicht ganz wir selbst sein konnten als Kind. Wir werden ein anderer Mensch als Erwachsener und merken nicht, dass dieser andere Mensch wenig mit unserem echten Wesen zu tun hat. Das Leben wird durch eine Maske der Anpassung und Konditionierung gelebt. Die sogenannte Matrix hat uns im Griff und unsere Lebendigkeit wird eher konstruiert als echt ausgelebt. Das darf mit der Bewusstwerdung als Erwachsener erst mal erkannt und anerkannt werden. Mit dem Anerkennen können wir Güte für uns selbst entwickeln. Selbstgüte die weich ist und unsere harten Panzer um unser Wesen aufweicht.

 

Als Kind haben wir noch den Kontakt zu unseren echten Impulsen. Wir spüren Ungerechtigkeit und signalisieren es sofort. Wir spielen dann nicht mehr mit.  Dieser Kontakt zu unserem Kern wird schleichend unterdrückt, bis wir ihn womöglich ganz vergessen. Das falsche Spiel als Erwachsener nimmt seinen Lauf.

Nur Lebensenergie kann nicht verschwinden, auch wenn sie vergessen wird. Jede Energie muss sich auf eine Art ausdrücken. Bleibt der eigene Selbstverrat und damit verbundene Selbsthass unentdeckt, wendet er sich gegen uns. Wir werden destruktiv, sabotieren uns, gehen in eine Opferhaltung, verstricken uns, sind sauer auf uns,  das Leben und die Menschen. Menschen, die genau das Antriggern, was wir als Kind erfahren haben, werden zur Projektionsfläche. Das Leben selbst mit seinem Beziehungsgeflecht wird zur unterschwelligen Bedrohung. Auf verzerrte Art sucht sich der unbewusste Hass einen Weg, um sich bemerkbar zu machen. Es ist dieser böse Anteil in uns, der manipuliert, Grenzen überschreitet, passiv aggressiv ist. Für andere meistens sichtbar, für uns selbst meistens unsichtbar. Der eigene Selbstverrat, der Identitätsverlust, sitzt so tief, dass die Wunde der Leugnung oft gar nicht mehr bewusst angeschaut werden kann. Es ist zu schmerzhaft. Es ist zu beschämend. Die Scham, nicht wir selbst zu sein, hat sich körperlich in uns manifestiert. Wir spüren Druck, Beklemmung, Angst, Ohnmacht. Es sind Signale vom inneren Kind, das leben will. Unser Wesen, was sich durch Depression und Aggression bemerkbar macht.


Genau da in der Scham, in dem Schmerz, ist der Schlüssel vergraben für ein erfülltes Leben. Das Leben wirklich leben und die eigene Lebendigkeit nicht simulieren. Aus dem Lebnsschock in die Gelassenheit gehen. Es ist die besagte dunkle Nacht der Seele, die uns frei macht. Die konstruierte Nettigkeit in uns durchschauen und uns bewusst in unsere Wunde des Selbtverrates begeben. Bis wir an diesen Punkt kommen, haben wir wahrscheinlich schon viel ausprobiert, um genau diese Wunde zu umgehen. Spirituelles Bypassing, Kompensieren durch Substanzen, Arbeit, Sport, geistigen und materiellen Konsum, illegales Verhalten oder Dissoziation sind oft Begleiter im Leben, wenn das Trauma unbewusst bleibt.


Der Weg, sich der eigenen Wunde hinzugeben, öffnet sich, wenn wir uns selbst dafür vergeben, dass wir uns verraten haben. Wir konnten nicht anders als Kind. Das Leben ist jetzt so wie es ist. Die Selbstvergebung ist auch ein Prozess, der im Geist initiiert und im Körper durchgefühlt und empfunden wird. Der Körper speichert den Selbstverrat ab. Den Kontakt suchen zu den unangenehmen, beschämenden Empfindungen im Körper treibt den Prozess der Integration voran. Der Selbsthass möchte einmal bewusst erkannt und empfunden werden, um eben dann losgelassen werden zu können. Das was wir integrieren wollen, müssen wir erst einmal in der Hand haben. Das Hinabsteigen auf den Grund, wie Meister Eckhart sagt, ist der Weg zu unserem Licht.


Der Hass, der dann gesehen und körperlich gefühlt wird, wandelt sich von einem Monster in etwas Schönes. Unsere Lebenskraft wird entfacht, die zuvor im Trauma gebunden war. Wir ent-wickeln uns. Das Monster des Selbthasses fängt an den Weg frei zu machen. Es wird konstruktiv, kreativ und produktiv. Uns gelingt zunehmend mehr im Leben. Innerlich und äußerlich. Innere Freiheit und äußere Freiheit werden real. Der graue Schleier lüftet sich allmählich vor unseren Augen und wir spüren Kontakt zum Leben und zu uns selbst. Wie ein zweites Laufen lernen, wo das Gleichgewicht ständig ausgependelt wird. Das Halten der eigenen Mitte in Momenten, die uns sonst aus der Bahn geworfen haben. Wir werden stärker mit der Wiedergewinnung unserer Verletzlichkeit. Mit dem in Kontakt gehen mit uns, öffnet den Kontakt zu unseren Mitmenschen. Echte Nähe kann wieder eingegangen werden und gesunde Beziehungen können heranreifen.


Geduld, Mut, Selbstgüte und ein Forschergeist. Das wünsche ich dir auf dem Weg zu dir selbst!


Comments


bottom of page